Anstehende rechtliche Neuerungen bei der Aktienrechtsrevision

Am 19. Juni 2020 haben die eidgenössischen Räte die Aktienrechtsrevision verabschiedet. Das Inkrafttreten der Gesetzesrevision wird durch den Bundesrat bestimmt. Ein Inkrafttreten per 1. Januar 2022 scheint wahrscheinlich, doch ist ein früherer Termin nicht ausgeschlossen.

Die AWB hat die wichtigsten Neuerungen für Sie zusammengefasst:

Aktienkapital und Dividenden

  • Das Aktienkapital kann neu auf eine für die Geschäftstätigkeit wesentliche Fremdwährung lauten, der Kapitalschutz und die steuerliche Bemessungsgrundlage erfolgt anhand des Fremdwährungsabschlusses.
  • Der Nennwert von Aktien kann auch kleiner sein als das heutige Minimum von CHF 0.01, jedoch muss er grösser als null sein.
  • Die Regeln über (beabsichtigte) Sachübernahmen werden abgeschafft, demzufolge sind keine qualifizierte Sachübernahmeprüfungen mehr notwendig.
  • Gesellschaften können ein sog. Kapitalband mit einer Bandbreite zwischen plus 50% bzw. minus 50% des eingetragenen Aktienkapitals einführen. Innerhalb des Kapitalbands ist der Verwaltungsrat ermächtigt, das Aktienkapital innert max. 5 Jahren zu erhöhen bzw. herabzusetzen. Das Kapitalband ersetzt das bisherige genehmigte Kapital.
  • Zwischendividenden können auch aus Gewinnen des laufenden Jahres ausgeschüttet werden, sofern ein geprüfter Zwischenabschluss vorliegt. Auf die Prüfung kann bei Gesellschaften mit Opting-out verzichtet werden oder auch, wenn alle Aktionäre der Ausschüttung zustimmen und die Forderungen der Gläubiger nicht gefährdet werden.
  • Die Zuordnung der Reserven erfolgt neu (analog dem Rechnungslegungsrecht) in gesetzliche Kapitalreserve, gesetzliche Gewinnreserve und freiwillige Gewinnreserven.
  • Die Ausschüttung von Kapitalreserven (d.h. Agio und andere Aktionärseinlagen über den Nennwert hinaus) ist zulässig, wenn die gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven abzüglich des Verlustvortrages 50% (20% bei Holdinggesellschaften) des nominellen Aktienkapitals übersteigen.

Aktionärsrechte

  • Die Schwellenwerte für die Geltendmachung von Minderheitenrechten (Einberufung GV, Auskunfts- und Einsichtsrechte, Recht auf Einleitung Sonderuntersuchung, Auflösungsklage) werden herabgesetzt
  • Die Informationsrechte der Aktionäre werden verstärkt, allerdings nur soweit dies für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Gesellschaft nicht gefährdet werden.
  • Die Klagemöglichkeiten von Minderheiten werden erleichtert.

Generalversammlung

  • Die Durchführung von virtuellen Generalversammlungen wird erlaubt, ebenso ist ein ausländischer Tagungsort zulässig, vorausgesetzt die Statuten sehen dies vor.
  • Generalversammlungen mit mehreren Tagungsorten sind möglich.
  • Universalversammlungen können neu auch auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form abgehalten werden, sofern nicht ein Aktionär mündliche Beratung verlangt.

Verwaltungsrat

  • Zirkulationsbeschlüsse sind auf elektronischem Weg ohne Tagungsort und ohne Unterschriften neu zulässig, sofern nicht ein Verwaltungsrat mündliche Beratung verlangt.
  • Neu sind Verwaltungsratsmitglieder verpflichtet, den Verwaltungsrat unverzüglich und vollständig über sie betreffende Interessenkonflikte zu informieren.
  • Neu kann der Verwaltungsrat die Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger auch elektronisch über die Organisation der Geschäftsführung orientieren.

Sanierung und Insolvenz

  • Der Verwaltungsrat hat die Pflicht zur Überwachung der Zahlungsfähigkeit. Bei drohender Illiquidität muss er in gebotener Eile Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit ergreifen, soweit erforderlich weitere Sanierungsmassnahmen treffen bzw. der GV beantragen und nötigenfalls ein Nachlassstundungsgesuch einreichen.
  • Verlängerung der provisorischen Nachlassstundung von 4 auf 8 Monate (infolge von COVID-19 bereits auf den 20. Oktober 2020 in Kraft)
  • Bei hälftigem Kapitalverlust muss der VR inskünftig Massnahmen zu dessen Beseitigung ergreifen und soweit erforderlich weitere Sanierungsmassnahmen treffen oder der GV beantragen. Die Einberufung einer Sanierungsgeneralversammlung wird nicht mehr zwingend verlangt. Dafür müssen neu Gesellschaften mit Opting-out die letzte Jahresrechnung durch einen zugelassenen Revisor prüfen lassen.
  • Für die Berechnung des hälftigen Kapitalverlustes sind die gebundenen, nicht rückzahlbaren Kapital- und Gewinnreserven sowie die Reserven für eigene Aktien und Aufwertungsreserven mit zu berücksichtigen .
  • Der Verwaltungsrat muss Bilanz/Zwischenbilanz nicht deponieren, wenn begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung spätestens 90 Tage nach Vorliegen der geprüften Zwischenabschlüsse behoben werden kann (stille Sanierung).

Zudem gibt es für börsenkotierte Gesellschaften neue Vorschriften hinsichtlich Geschlechterquoten und übermässige Vergütungen. Für grössere Rohstoffunternehmen werden neue Transparenzbestimmungen gelten. Diese Geschlechterrichtwerte sowie die Transparenzregeln im Rohstoffsektor traten bereits auf den 1. Januar 2021 in Kraft.  Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zum neuen Recht zur Verfügung und unterstützen sie bei der Umsetzung innerhalb Ihres Unternehmens.

Ihr Kontakt

Martin Hartmann

Direkt +41 79 541 71 57
E-Mail   mhartmann(at)awb.ch